Stolpersteine für Ostercappeln

Am 9. November 2008 jährte sich zum 70sten Mal die Reichspogromnacht. Dieses Datum markiert den Beginn einer neuen Qualität der Verfolgung insbesondere von Juden, aber auch anderen Personengruppen, die sich dem NS-Regime widersetzten oder einfach nicht in die rassisch-völkische Ideologie der herrschenden Nationalsozialisten passten. Endpunkt dieser Entwicklung war die planmäßige technisierte Massenermordung von Millionen Menschen in Konzentrationslagern, vor allem Menschen jüdischen Glaubens.

Was geschah in Ostercappeln während der NS-Zeit? Das Projekt „Stolpersteine für Ostercappeln“ hat darauf aufmerksam gemacht, dass es auch in Ostercappeln Verfolgte und Opfer während der NS-Zeit gab, die zum Teil dabei ihr Leben verloren haben.

Das Projekt wurde initiiert von der Christlichen Erwachsenenbildung (Dr. Frank Buskotte), dem Starken Dorf e.V. (Dr. Franz Kahlert, Heinz Müller, Roswitha Sandkühler) und der Ludwig-Windthorst-Schule (Dr. Stefan Schubert). Drei Vortragsabende luden ein zur Beschäftigung mit Kultur, Religion und Geschichte von Juden und Christen in unserer Heimat.

Die Resonanz von Schülern und Lehrern an der LWS auf das Projekt war enorm: Die Schule übernahm die Patenschaft für den Stolperstein für Ruth Meyer, die in der Bahnhofstraße gelebt hatte und im Alter von knapp 14 Jahren im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Der letzte Vortrag der Reihe wurde vom Osnabrücker Historiker Dr. Rainer Bendick gehalten zum Thema „Von der Ausgrenzung zur Ermordung“. Judenverfolgung im Osnabrücker Land. Mehr als 200 Zuhörer – darunter viele interessierte Schülerinnen und Schüler – füllten die Aula der LWS. Als Rahmen für diese Veranstaltung gestalteten unsere Schüler aus fast allen Jahrgangsstufen im Geschichts-, Religions- und Kunstunterricht Plakatwände zu Themen wie Judenverfolgung, der jüdische Religion und Toleranz. Vor dem Bendick-Vortrag führte die Nachmittagstanzgruppe einen Friedenstanz auf.


Abschluss der Stolpersteinaktion – Gedenken an drei Standorten in Ostercappeln

Von Rainer WestendorfOstercappeln

Gunter Demnig hat mehr als 17 000 Stolpersteine verlegt. In Deutschland gibt es diese Steine in 384 Kommunen. Die jüngsten sind die sechs Steine, die am Dienstag in Ostercappeln gesetzt wurden. Sie erinnern an Josef und Helene Meyer, an Erna Meyer un d ihre Kinder Hans und Ruth sowie an Pater Franz Riepe. „Also an Menschen, die in Ostercappeln gelebt haben“, sagte Pfarrer Bernhard Stecker.

„Ich freue mich über jeden Ort, der an der Aktion teilnimmt“, so Gunter Demnig. Der Kölner Künstler hat diese besondere Form des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 1993 gestartet. Zunächst war es eine Idee, deren Verwirklichung unrealistisch erschien. Doch da sich viele Bürger hierfür interessiert und eingesetzt haben, ist daraus „ein Projekt für ganz Europa geworden“.

Natürlich sei ihm klar gewesen, dass nicht alle Bürger die Stolpersteine gut finden und dass es Kritik und Ablehnung gebe werde. Doch das sei eine Minderheit. „Vor allem Jugendliche haben großes Interesse“, sagte Demnig in Ostercappeln. Statt mit abstrakten Daten könnten sich junge Menschen konkret mit dem Schicksal einzelner Familien befassen. „Dieser Geschichtsunterricht ist so handfest, dass er sitzt.“ So haben Schüler der Ludwig-Windthorst-Schule die Steinverlegungen begleitet und aus dem Leben der Opfer erzählt. Erste Station war das Pfarrheim auf dem Kirchplatz. Dort war früher eine Schule untergebracht, die Franz Riepe besuchte. Riepe wurde 1885 in Schwagstorf (Krebsburger Mühle) geboren. Er trat den Steyler Missionaren bei und studierte Theologie. 1914 wurde er zum Priester geweiht. Er lehrte im Missionshaus St. Xaver in Bad Driburg. 1941 wurde er von Gestapobeamten verhaftet, weil man ihm vorwarf, einen Hirtenbrief holländischer Bischöfe mit scharfer Kritik am NS-Regime verbreitet zu haben. Er war denunziert worden. „Franz Riepe nahm aber alle Verantwortung auf sich, um seine Mitbrüder nicht zu gefährden“, berichteten die Schüler. Der Pater wurde ins Konzentrationslager Dachau gebracht. „Er hatte die Häftlingsnummer 25338.“ Er starb er im August 1942 in Dachau.

An der Windthorststraße erinnern zwei Stolpersteine an Josef und Helene Meyer. Das Eheleute waren schon über 80 Jahre alt, als ihr Hausinventar versteigert und sie deportiert wurden. Zunächst in ein „Altenheim“ bei Mönchengladbach, dann nach Theresienstadt in Böhmen. Dort wurden sie im Winter 1942/43 ermordet. Eine entfernte Verwandte war Erna Meyer, die mit ihren Kindern Hans und Ruth, geboren 1928 und 1929, an der Bahnhofstraße in Ostercappeln wohnte. Versuche, das Haus zu verkaufen, um emigrieren zu können, gelangen nicht. Die Familie zog nach Köln, 1943 wurden Erna, Hans und Ruth Meyer verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Mutter und Sohn wurden in dem Konzentrationslager umgebracht; die Tochter ist bereits während der Deportation verschollen. Eine Infotafel, die am Bolbecer Platz (Markt) steht, informiert über Hintergründe und Orte der Stolpersteinaktion.

Quelle: Wittlager Kreisblatt vom 13. November 2008


Schüler der LWS berichten aus dem Leben der Opfer – hier vor dem Pfarrheim. Neben dem Künster Gunter Demnig stehen Jasmin Kröger, Lisa Henke, Robin Mühl und Shari-Jacqueline Schirdewan.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Stolpersteine